Über den Hof Unterste Pöting, Kreftingstraße 1
Das stattliche, im klassizistischen Stil erbaute Wohnhaus lässt recht wohlhabende Erbauer vermuten. Wilhelm Hiby (1810 – 1888), Bürgermeistersohn aus Hiddinghausen, hatte die Hoferbin Caroline Unterste Pöting geheiratet und den bescheidenen „Unterste Pötings Kotten“ 1852 durch ein repräsentatives Wohnhaus ersetzt.
Zum Hof gehörten zu seiner Zeit 58 Morgen Land. Wilhelm Hiby war in erster Linie Bergwerksunternehmer; er besaß zahlreiche „Kuxen“, also Anteile an Bergwerken, die ihm den Beinamen „Kuxen-Wilm“ verschafften. Er war der einzige grosse Sprockhöveler Gewerke, die seine wirtschaftlich und sozial dominante Position ins Industriezeitalter retten konnte. Hiby war zeitweilig Gemeindevorsteher von Obersprockhövel und Schwiegervater und Finanzier von Dr. Carlos Otto, einem bedeutenden Pionier der deutschen Kokereiindustrie. Der hiesigen Schulgemeinde hinterliess Hiby eine Stiftung von 11.000 Reichsmark, aus der jährlich die Schulsteuern für die Kinder armer Eltern bezahlt werden konnten. Auch stiftete er die Kirchturmuhr an der evangelischen Kirche Sprockhövel. Nach seinem Tod liess seine Schwiegertochter Julie den Hof in bergischer Bauweise und klassizistischem Stil neu bauen; ein Versuch, grossbürgerlichen Lebensstil mit landwirtschaftlicher Funktionalität in Einklang zu bringen. Heute betreibt die Familie Hassel hier neben der Landwirtschaft einen Pensionsbetrieb und einen Tierfriedhof.
Der Bergbauwanderweg „Deutschlandweg“ führt hier beim „Kuxen-Wilm“ vorbei und weist auf dessen Bedeutung für die Bergbaugeschichte hin. Der Hof steht unter Denkmalschutz.
Eine imposante Blutbuche (ca. 150 Jahre alt) wächst vor dem Wohnhaus und ist ein Naturdenkmal. Es handelt sich um die dunkelrotblättrige Form der Rotbuche. Die Blutbuche ist eine Sonderform - eine Mutation - der Rotbuche, die besonders im 19. Jahrhundert aufkam und beliebt war. Da aber nur ca. 3% ihrer Sämlinge wieder Blutbuchen ergeben, griff man bei der Vermehrung auf Veredlungsverfahren zurück. Der gegenüberliegende Bauerngarten ist von Weissdornhecken umgeben.
Quelle: Broschüre "Agenda-Pfad Sprockhövel", hrsg. von der Lokalen Agenda 21 Sprockhövel 2003.
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